US-WAHL Amerika ist mehr als Obama gegen McCain. Sterbenden Städte, politisierende Priester, Kultur der Gewalt und Kultur des Friedens. Reise durch ein zerstückeltes Land.
Im Kellertheater des Silver Legacy Casino in Reno, Nevada, sitzen die Komiker Alex Valdez und Bob Kubota an einem Tisch. Valdez, Jahrgang 1955, steht seit 31 Jahren auf der Bühne. Er ist gebürtiger Mexikaner und blind. Kubota, geboren 1964, ist Kind japanischer Einwanderer. Die beiden sind Freunde, trotz gegensätzlicher Gesinnung: Valdez, ein Republikaner, hat die letzten beiden Male George W. Bush gewählt. Für den progressiven Kubota, der regelmäßig in den Irak reist, um dort vor US-Truppen aufzutreten, ist Bush ein Idiot. Von den Auffassungsunterschieden der beiden Komiker ist in der Show nichts zu bemerken. Über alles Mögliche machen sie sich lustig: Sie spotten über Harley-Davidson-Fahrer, über Mormonen und über Cowboys, die Schafe vögeln. Über Kubotas Japanischstämmigkeit und über Valdez’ Behinderung. Aber zwei Themen bleiben unverarscht: Religion und Politik.
„Wenn wir über diese Themen Witze machten“, erklärt Valdez, „würde sich die eine Hälfte des Publikums blendend amüsieren. Die andere wäre tödlich beleidigt.“ Anders als Fernsehstars wie Jon Stewart, Stephan Colbert oder Bill Maher, kratzen Kubota und Valdez wohlweislich nicht an der Oberfläche aus Patriotismus und amerikanischer Träumerei, die die USA verbindet. Würden sie das tun, träten nämlich bald die Gegensätze dieser Nation zutage. Amerika ist kein einiges, auch kein bloß zweigeteiltes Land. Es ist eine Vielzahl unabhängiger und widersprüchlicher Welten. Mit Menschen, die einander nicht verstehen, weil sie einander nie berühren. Die unterschiedliche Lebenskonzepte haben, andere Ideale und einen anderen Glauben. Die andere Nachrichten und andere Produkte konsumieren. Erst wenn es ans Wählen geht, treffen diese Welten aufeinander. Dann zwingt man all die Farben in ein monochromes Schema. Bist du schwarz oder weiß? Bist du Demokrat oder Republikaner? Bist du Obama oder McCain?