Für Klimaschutz, gegen Zersiedelung: Wohnbauförderung für Einfamilienhäuser stoppen

Herbert Greisberger, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), geht mit der Klimaschutzpolitik hart ins Gericht: Während sich Unternehmen als Wegbereiter ökologischer Reformen profilieren, stehle sich der Staat aus der Verantwortung.

Wirtschaftsblatt: Alljährlich treffen sich die Staatschefs zur Weltklimakonferenz. Regelmäßig mit mauem Ergebnis. Bringen es diese Konferenzen überhaupt?

Greisberger: Meiner Meinung nach machen die Konferenzen wie sie derzeit stattfinden wenig Sinn. Entscheidend ist doch, was die großen CO2-Emittenten – die USA, China, Brasilien, Europa und Japan – aushandeln. Dafür wären aber die G8 oder die G20 der bessere Platz. Beim Klimaschutz muss man die Großen an Bord zu haben, nicht die vielen.

Manche glauben überhaupt, dass sich Klimaschutz mit Hilfe innerstaatlicher Gesetze leichter verwirklichen lässt als mit internationalen Verträge. Sehen Sie das auch so?

Für effektiven Klimaschutz brauchen wir beides. Die Anstrengungen auf nationaler Ebene, etwa in Europa und China, sind nicht ausreichend. In den USA findet Klimaschutz vor allem auf Ebene der Bundesstaaten, etwa in Kalifornien, statt. Aber insgesamt ergibt das kein konsistentes Bild. Weltweit sinken die CO2-Emissionen nicht im erforderlichen Maß. Am meisten erhoffe ich mir von dem Trend, dass man jetzt immer stärker die wirtschaftlichen Chancen sieht. CO2-Emissionen reduzieren, heißt Energieverbrauch reduzieren. Und das hat ja auch ein gutes: Sie sparen Geld.

Inwieweit hat die österreichische Wirtschaft diese Chance erkannt?

Da muss man unterscheiden: Die energieintensiven Industrien, wie die Papier- oder die Stahlindustrie, versuchen schon geraume Zeit, möglichst energieeffizient zu produzieren. Sie sind damit inzwischen weltweit vorbildhaft, was ihnen auch Wettbewerbsvorteile bringt. Bei den kleineren, nicht energieintensiven Unternehmen sind die Einsparungspotenziale noch lange nicht ausgeschöpft.

Sollen die Österreicher auf lange Sicht energieautark sein?

Auf europäischer Ebene ist Energieautarkie strategisch notwendig, um die Abhängigkeit von Energieimporten aus politischen Problemzonen zu beenden. Für Österreich ist sie in Wirklichkeit nicht unbedingt notwendig. Aber es ist ein hervorragendes Verkaufsargument für jemanden, der sich sonst keine Solaranlage auf das Dach stellen würde. Die Schlüsselfrage ist die Trendwende in Europa zugunsten Energieeffizienz und  erneuerbare Energieträger.

Umwelttechnologie wird als ein anderes Hoffnungsfeld gesehen, den CO2-Ausstoß zu begrenzen. Wie gut stehen österreichische Unternehmen da?

Österreich hat sich bei etwa bei Biomasseheizungen, Solartechnologie oder Gebäudetechnik erfolgreich etabliert. Bei der Wasserkraft war das Land immer schon führend. Den Unternehmen kommt zu Gute, dass es in der Bevölkerung – vor allem auch seit Zwentendorf und Hainburg – ein hohes Umweltschutzbewusstsein gibt. Viele der Unternehmer, die heute mit Umwelttechnologie Geld verdienen, kommen ja aus der Umweltbewegung. Vor dem Hintergrund globaler Umweltprobleme ergeben sich für sie auch ausgezeichnete Exportchancen. Für entscheidend halte ich die Frage der Finanzierung von Umwelttechnologie. Man  muss schauen, dass Privatpersonen in nachhaltige Unternehmen investieren und nicht in eine Kupfermiene in Übersee. Das Problem dabei ist nur, dass viele über die Möglichkeiten gar nicht Bescheid wissen. Erkundigen Sie sich einmal bei Ihrem Anlageberater bei der Bank nach nachhaltigen Investments: Viele Mitarbeiter kennen nicht einmal die grünen Finanzprodukte, die das eigene Unternehmen anbietet.

Während viele österreichische Umwelttechnikbetriebe Weltspitze sind, verfehlt Österreich als eines der wenigen Länder seine Kyoto-Ziele. Wie passt das zusammen?

Es stimmt leider: Bei den emittierten Treibhausgasen ist Österreich eines der Länder, die sich im Vergleich zur Vorgabe am schlechtesten entwickeln. Was schade ist, weil die Voraussetzungen bei uns ideal sind. Der Fehler bestand einerseits darin, dass sich Österreich zu strenge Ziele auferlegt hat. Andererseits wurden einfach zu wenig verpflichtende Maßnahmen erlassen, um diese Ziele auch zu erreichen. Klimapolitik ist nur erfolgreich, wenn sie langfristig ausgelegt ist, kurzfristig erreichen Sie wenig.

Was hätten Sie sich erwartet?

Abgesehen von der deutlich erhöhten Besteuerung von fossilen Energieträgern geht es vor allem um die Errichtung und Sanierung von Gebäuden. Von dort kommen bis 40 Prozent der CO2-Emissionen – je nachdem was man  alles in die CO2-Gebäudebilanz einkalkuliert. Die Wohnbauförderung hat ein Volumen von 2,6 Milliarden Euro. Das ist ein ganz mächtiges Instrument. Statt aber eine klimaneutrale Bauweise zu fördern, unterstützt der Staat mit der Wohnbauförderung immer noch Einfamilienhäuser, treibt die Zersiedelung ganzer Landstriche voran und erhöht den Autoverkehr.

Würden Sie die Förderung für neue Einfamilienhäuser abschaffen?

Ja, mit Ausnahme von Plus-Energie-Häusern. Aus heutiger Sicht sind vor allem Sanierungen und Neubauprojekte wie Wohnanlagen am ehemaligen Flugfeld Aspern förderungswürdig, wo Wohnraum in dichter Bauweise und nach klimarelevanten Vorgaben geschaffen wird.

Welche weiteren Maßnahmen gehören umgesetzt?

Eigentlich ist es relativ simpel: Seit 1993 wurde eine Vielzahl von Maßnahmenkatalogen verfasst. Und wissen Sie was: die sind alle immer gleich. Es geht um Gebäudeeffizienz, um die Verwendung erneuerbarer Energieträger. Es geht darum, wenig Auto zu fahren und die SUVs beim Händler stehen zu lassen. Es gibt komplexe Dinge auf der Welt, aber Energiesparen und effizienter Klimaschutz gehören nicht dazu.

Wenn es so einfach ist: Warum tut sich dann so wenig?

Die Politik ist da zu wenig mutig. Viele Unternehmer sind schon viel weiter. Denn das Interesse und die Offenheit in der Bevölkerung sind da. So wie wir bei der Umwelttechnologie in vielen Bereichen vorbildhaft für Europa wurden, könnten wir das auch bei den Gesetzen sein. Klimaschutz dient den langfristigen Interessen Österreichs. Ich glaube, die Menschen verstehen das.

ÖGUT

Brücken zwischen Umweltschutz und Wirtschaft bauen: Das ist die Aufgabe von ÖGUT, der österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technologie. Die überparteiliche Plattform wurde 1985 nach dem Konflikt um das Wasserkraftwerk Hainburg und der Besetzung der Hainburger Au gegründet. Präsident der ÖGUT ist René Alfons Haiden, Generalsekretär ist Herbert Greisberger. Die ÖGUT arbeitet mit ihren rund 80 Mitgliedern an der Entwicklung von nachhaltigen Lösungen und Innovationen.

Für die Serie Umweltpioniere im Wirtschaftsblatt.

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