Das Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten verrät viel über ein Land. In Italien droht Ministerpräsident Silvio Berlusconi dem staatlichen Fernsehen, sobald es einen Bericht bringt, der regierungskritischer ist als das, was Berlusconis Spaßsender produzieren. In Frankreich erklärt Staatspräsident Nicolas Sarkozy den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur werbefreien Zone, um den Werbekuchen ungeteilt befreundeten Privatfernsehmachern zu überlassen. In Nordkorea inhaftiert man US-Journalistinnen und nutzt sie als Faustpfand, damit der clowneske Staatschef ausländischen Politpensionisten die Hand schütteln darf.
In Österreich zeigt sich zweierlei: Das Land wird von Hans Dichand beherrscht. Und das Land hat fantasielose Politiker, die in ihrer schmachtenden Ergebenheit nicht einmal versuchen, dem Einfluss des greisen Zeitungsmoguls zu entkommen. In dieses Bild passt, dass Bundeskanzler Werner Faymann der Krone am vergangenen Donnerstag eine Aufmerksamkeit in Form einer 20-seitigen Beilage spendierte.
Seit seiner Zeit als Wiener Wohnbaustadtrat ist Faymann Politiker von Dichands Gnaden. Bundeskanzler wurde er, weil ihn der Herausgeber gegen den ungeliebten Alfred Gusenbauer unterstützte. Der gesamte Erfolg Faymanns steht und fällt mit dem Wohlwollen Dichands. Versagt ihm der 88-Jährige die Gunst – wie zuletzt bei den EU-Parlamentswahlen –, dann purzeln die SPÖ-Wahlergebnisse in den Keller. Seine Politik auch auf andere Fundamente zu stellen, hat Faymann bisher verabsäumt. Doch die Unterstützung ist – wie sich zeigt – trügerisch. Denn Dichand, die Nase tief im Abwind des Volkes, hat bereits neue, schickere Handlanger in den beiden Prölls gefunden, die er an die Staatsspitze schreibt.
Die Jubelstrecke im Kleinformat vom vergangenen Donnerstag, in der sich die sozialdemokratisch geführten Ministerien mit ihren Verdiensten brüsten, zeigt, dass Faymann seine Lektion nicht gelernt hat. Tollpatschig bettelt er weiter um die Gunst des Alten, krümmt sich tiefer und tiefer zum Kotau. Der absurde Subventionswettstreit um den Boulevard, den er sich mit Pröll liefert und der die Regierung im Vorjahr 35 Millionen Euro kostete, geht weiter. 2007 gelobten Sozialdemokraten und Volkspartei noch, die vom Rechnungshof 2003 formulierten Grundsätze für politische Werbung in ein Gesetz zu gießen. Nichts geschah. Vielleicht ist es – und das sei dem Kanzler ans Herz gelegt – an der Zeit, sich weniger um die Gunst des Zeitungszaren zu sorgen als um die eigene Glaubwürdigkeit.
Erschienen in Falter 33