Rebellion in Enzi-Land

Die Jugendlichen blasen zum Kampf um das Museumsquartier. Ist es den Aufstand wert?

Bettina Gross lebt jetzt in der Hölle. Aber das war nicht immer so. Denn vier Jahrzehnte lang wohnte die 47-Jährige im Paradies. Ruhelage, der Charme des Altbaus, zuvorkommende Nachbarn, eine Gehminute von der Mariahilfer Straße entfernt. Bis dann, vor sechs Jahren, die Kultur in die ehemaligen kaiserlichen Hofstallungen einkehrte. Und mit ihr die Plastikmöbel, die man „Enzis“ nennt. Seither vergeht kein Tag, an dem sich Gross nicht ärgern muss. Es stinkt nach Fett aus den Lokalen. Untertags kreischen die Kinder. Und das Schlimmste, sagt sie, folgt nach Mitternacht: „Raufereien, Brüllereien, Jugendliche auf Drogen, die sich auf der Erde wuzeln, die schreien, pfeifen, trompeten und sogar miauen.“

Für Gross, die seit Jahren mit der Verwaltung des Museumsquartiers im rechtlichen Clinch liegt, war es ein kleiner Triumph, als MQ-Verwalter Wolfgang Waldner Anfang Juni die Hausordnung prominent an den Eingängen platzieren und mittels privater Sicherheitstrupps exekutieren ließ. Allerdings währte die Freude nur kurz. Denn nachdem sich binnen einer Woche auf der Onlineplattform Facebook fast 20.000 „Rebellen“ sammelten, ruderte Waldner zurück. Als am Samstag 2000 Demonstranten aufmarschierten, hatte er bereits zugesichert, die Hausordnung aufzuweichen.

Die Protestbewegung ist aus mehreren Gründen interessant. Sie zeigt, wie einfach sich junge Menschen mobilisieren lassen. Sie zeigt, wie moderne Kommunikationstechnologie diese Mobilisierung begünstigt. Wenn Florian Glöcklhofer und Daniel Renn, die 20-jährigen Organisatoren der Facebook-Gruppe „Freiheit im MQ“, heute dieses Areal als „Wohnzimmer von Wien“ bezeichnen, dann zeigt das auch, was dieses Areal für das Lebensgefühl einer Generation bedeutet.

Weiterlesen in Falter 25/2009 (17.6.2009)